Ignatianische Exerzitien
Mitte August 2024 hat die Katholische Glaubensinformation Hamburg (KGI) eine Woche „Ignatianische Exerzitien“ im Niels-Stensen-Haus in Wentorf angeboten. Christian Modemann SJ und Gisela Rutz haben acht Teilnehmende begleitet. Ein Bericht über schöne und intensive Tage von Pater Modemann.
Schon allein der Name klingt schwierig und kompliziert: „Ignatianische Exerzitien“. Wer sich dazu anmeldet, hat meist schon etwas Erfahrung mit diesem Angebot der Gottsuche, mit dieser Weise des Betens in der Tradition des Ignatius von Loyola; aber es waren auch einige neu dabei.
Die Engländer sagen „retreat“ und betonen damit die Auszeit in einer geschützten Umgebung. Man könnte sagen: Es sind Besinnungstage in einer speziellen Weise, nämlich der eigenen Übung und des Ausprobierens. Wie joggen, Rad fahren oder schwimmen körperliche Übungen sind, so gibt es auch verschiedene Arten, die Seele achtsamer zu lassen und die inneren Dinge zu ordnen. Dabei hilft das Gebet, das Schweigen, die Ausrichtung auf Gott, einzelne Impulse und persönliche Anleitungen. Kurz: es ist wie beim Sport. Man muss es ausprobieren, um zu sehen, was hilft, was für mich passt, und wie es wirkt. Und das eben nicht nur einmal, sondern wiederholt. Nur dann merkt man die Wirkung.
Für viele war das durchgängige Schweigen zunächst die größte Herausforderung. „Den ganzen Tag nicht reden?!“ Doch die meisten merken rasch: das Schweigen ist eine Reduktion, die vieles andere erst ermöglicht, nämlich die vielen Geräusche um mich herum und in mir wahrzunehmen, die Gedanken, Gefühle und Träume zu ordnen, bei sich selbst bleiben zu können und sich nicht mit den Problemen von anderen zu beschäftigen. Es geht darum, in die Konzentration und in die Kraft zu finden, das Vertrauen einzuüben.
Man kann Exerzitien in einem begrenzten Rahmen auch „im Alltag“ machen, in der gewohnten Umgebung und mit den Pflichten und Sorgen des täglichen Lebens. Eine Auszeit mit Schweigen und mit einer Tagesstruktur, die ein gemeinsames Morgenlob, eine gemeinsame Feier der Eucharistie und vier persönliche Gebetszeiten am Tag ermöglicht, ist selbstverständlich nur in einem Haus und mit der Sorge und Unterstützung von anderen möglich. Vielen Dank an das Team vom NSH!
Inhaltlich ging es darum, sich neu auf Gott auszurichten, in Gottes Licht das eigene Leben anzuschauen und in allem ihn zu suchen und zu finden. Exerzitien können dabei helfen, eine Entscheidung vorzubereiten, Übergänge zu gestalten oder sich auf einen neuen Lebensabschnitt einzustellen. Sie können aber auch einfach dazu helfen, neu den Sinn und den Geschmack des Lebens zu finden und im vielerlei der Sorgen und Nöte eine Orientierung. Sie sind dazu da, Glauben und Leben miteinander zu verbinden. Davon konnten sich die Teilnehmenden einmal mehr überzeugen lassen.
Gottes Licht in das eigene Leben scheinen zu lassen, meint zunächst einmal: mit Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit wahrzunehmen, was ich geschenkt bekommen habe, was gut ist, wofür ich dankbar bin. Und es bedeutet, sich zu öffnen für das Wort Gottes, die Zuwendung durch die biblischen Texte bzw. durch Jesus selbst, der mich persönlich in meiner Lebenssituation anspricht. Je mehr ich diesem Gott vertraue, umso leichter kann ich mich innerlich loslassen und mich mit meinen Absichten, Handlungen und Betätigungen, mit meinen Gedanken und Gefühlen ihm anvertrauen. In unserem Alltag sind wir oft zu viel im Kopf, in den Gedanken. Jetzt geschieht es vielleicht, dass wir auch die Gefühle annehmen können, auf das Herz hören, den ganzen Menschen wahrnehmen.
Die Exerzitien in Wentorf diesmal standen unter dem Psalmwort: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens.“ (Ps 36). Die eigenen Ressourcen spielen im Leben eine große Rolle und darauf zu achten, sich daran zu orientieren, was ich habe und was ich gut kann, ist oft eine große Hilfe. Gleichzeitig bleibt im Glauben die Einladung, egal welche Ressourcen ich habe, immer wieder zur Quelle selbst zu gehen und daraus zu schöpfen.
„Geistliche Übungen anzubieten bedeutet, zu einer Gotteserfahrung einzuladen, zu einer Erfahrung seiner Liebe und seiner Schönheit. Wer die Exerzitien authentisch erlebt, erfährt die Anziehungskraft, die Faszination Gottes und kehrt erneuert, verwandelt in das Alltagsleben, in seinen Dienst, in die alltäglichen Beziehungen zurück und bringt den Wohlgeruch Christi mit. Die Menschen unserer Zeit brauchen die Begegnung mit Gott und eine Kenntnis nicht nur vom Hörensagen.“ (Papst Franziskus, 3.3.2014)
Weitere Hinweise zu Exerzitienformen und –terminen unter https://www.exerzitien.info/
Mit missionarischem Schwung
"Die Kirche darf sich keinesfalls auf eine Pastoral der „Aufrechterhaltung" beschränken, die nur auf jene ausgerichtet ist, die das Evangelium Christi bereits kennen. Der missionarische Schwung ist … weiterlesen